An dieser Stelle rezensiere ich Bücher, die ich gelesen haben. Natürlich nicht alle, denn dann würde ich nicht mehr zum Lesen kommen =)
Ihr wünscht eine Rezension eures Buches? Nehmt einfach mit mir Kontakt auf. Achtung: Schonungslos ehrlich.
Das Lavendelzimmer – von Nina George
zur Zeit auf dem Nachttisch
Vom Glück der Freundschaft – von Wilhelm Schmid
Wie gewohnt in Güte und Aktualität, einfach ein Wilhelm Schmid. In sehr komprimierter Form bringt er hier auf den Tisch, was Freundschaft ist, warum sie gepflegt werden muss und ob sich das in jedem Falle lohnt. Es ist kein Roman! Und man kann einen Wilhelm Schmid auch nicht wie einen Derartigen lesen, sondern eher Stück für Stück, mit klarem Sinn und Aufmerksamkeit. Nicht vor dem Einschlafen, nicht gleich nach dem Aufstehen, da gewinnt wieder an Bedeutung, was man „ruhige Minute“ oder „stilles Kämmerlein“ nennt.
Meiner subjektiven Einschätzung nach nicht sein bestes Buch (das wäre „Mit sich selbst befreundet sein“), aber eines der Guten. Es trifft den Kern der Zeit und es regt zum Nachdenken über dieses wichtige Thema an.
Tod an der Ruhr – von Peter Kersken
Das ich neben historischen Romanen nun tatsächlich auch einen historischen KRIMINAL-Roman lesen würde überrascht Leser und Kenner in gleicher Weise. Und mich erst. Meine Recherchen über (die zugegebenermaßen spärliche) Literatur zur Cholera führten mich zu diesem Roman und hielten mich für einige Tage an ihm fest.
Berichtet wird, wie die Cholera im Jahre 1866 mit eisernem Griff das Ruhrgebiet umklammert. Und inmitten dessen – man ahnt es fast – ein Mord. Die (Täter-)Suche – zwischen Cholera, Bergbau und Lohnhurerei – nimmt ihre eigene Dynamik an. Vor dem Hintergrund der Aufklärung oder Nichtaufklärung erfährt man viel über die Sitten der Zeit, über Gesetz und Ordnung, die Moral, über staatliche Autoritäten, die Rolle der Frau in dieser Zeit, das Ruhrgebiet und den Bergbau. Wer sich nur für eines dieser Themen interessiert wird auf seine Kosten kommen. Natürlich auch, wer Krimis mag oder einfach nur mal raten möchte, wer der Mörder sein könnte. Streckenweise liest sich der Tod an der Ruhr sehr zäh, aber der Wunsch das Ende zu erfahren, hilft durchzuhalten.
Die Hebamme – von Kerstin Cantz
Das Buch ist ein historischer Roman, den ich eher zu Recherchezwecken begonnen habe als aus wirklichem Interesse. Dies hat sich im Laufe der Lektüre jedoch immer mehr gewandelt. Beschrieben wird die Zeit im 18. Jahrhundert, es handelt von einer Hebammenschülerin – zwischen Anatomie und Leichenbeschaffung zu Fortbildungszwecken für ein Geburtshaus sowie einer Stadthebamme zwischen Gesetz und nicht immer ethisch leichten Entscheidungen.
Durch zahlreiche Nebenfiguren wird das Buch lebendig, durch eine Straftat am Anfang wird man gleich in den Sog einer kleinen (Rand-) Kriminalgeschichte gezogen. Wer mehr als seichte Unterhaltung erwartet und sich zumindest etwas für Medizin und Geschichte interessiert, wird mit diesem Buch viele schöne Stunden verbringen können. Es war sicher nicht mein letzter historischer Roman.
Mein stiller Freund – von Karl-Heinrich Bonn
Hierbei handelt es sich um ein Buch, dass eher den Namen Büchlein verdient hätte. An einem Abend ist es schnell ausgelesen. Interessant ist es allemal. Ein Junge beschreibt, wie der den „Umbruch“ in seiner thüringischen Heimatstadt erlebt, das letzte Jahr im Leben der DDR und die erste Zeit nach der Wende, als nichts mehr ist wie zuvor. Seinem Tagebuch vertraut er dabei in trockener Sprache Dinge an, die heute fast in Vergessenheit geraten sind.
Gerade für die jüngere Generation (wie mich), die den Wendepunkt nicht bewusst miterlebten, kann dieses Buch viel Aufschluss bieten aus einer Zeit, die eigentlich noch gar nicht so lange her ist. Dennoch hat man beim Lesen immer wieder das Gefühl, erstaunt zu sein. Für den später geborenen Leser bleibt das Gefühl, dass es niemals so gewesen sein kann. Und doch war es so… Insbesondere die Details aus den Tagebuchaufzeichnungen machen das Buch sehr lesenswert.
Die kleine Souvenierverkäuferin – von Francois Lelord
Francois Lelord war mir bisher bekannt aus einigen schönen „Hector Büchern“. Nun war ich mehr als gespannt, ob der Autor auch unabhängig von Hector eine Geschichte erzählen kann. Und ich finde, dies ist mehr als gelungen.
Eingebettet in die Geschichte eines jungen Arztes, der in Hanoi den Ausbruch eines Virus verhindern soll, wird die Geschichte des Landes in den 90er Jahren erzählt. Von Behördenvertretern und Staatsmächten, Korruption und Verschleierung, aber auch von den Eigenheiten der Sprache, der Mentalität der Bevölkerung und nicht zuletzt von der kleinen Souvenierverkäuferin.
Lelord profitiert dabei von seinen Kenntnissen Vietnams, man spürt seine Verbundenheit, trotz der Schwierigkeiten seitens Behörden, Sprache und Kultur. Man hat das Gefühl, das ihn die kleine Souvenierverkäuferin ein Stück weit an die Hand nimmt und ihr Land zeigt. Dabei erzählt Lelord gewissermaßen eine Liebesgeschichte, einen Medizinthriller und auch eine politische Abhandlung, die es ermöglicht einen Blick in die Vergangenheit eines bezaubernden Landes zu werfen. Und manchmal kann man sich beim Lesen die Reisfelder richtig vorstellen und man hat vor Augen, wie der kegelförmige Hut der kleinen Frau in den Nacken rutscht.
Cabo de Gata – von Eugen Ruge
Dieses Buch habe ich als Geschenk gekauft und dann vorher noch einmal durchgeblättert, wobei ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Zwei ganze Tage nicht.
Eine Katze geht ihren Weg… in diesem Buch geht es um einen schriftstellerischen Aussteiger aus dem Alltag, der alles verkauft und hinter sich lässt, um zu neuen Schreibinspirationen in Andalusien zu finden. Bis er auf eine Katze trifft und nichts mehr ist, wie es einmal war.
Das Buch ist kein reißender Strom, es plätschert. Der Schreibstil ist ungeschnörkelt, die Passagen haben nur die Tiefe die sie benötigen, der Leser hat das Gefühl das Buch ist komprimiert auf die Dinge die ihm gut tun. Keine überflüssigen Randinformationen. Cabo de Gata verrät viel über das Innenleben seines Schreibers, über die Menschen und wie sie Dinge sehen. Und man liest sogar von einem Rochen. Einen besseren Abschluss hätte der Autor gar nicht finden können.
Das sterbende Tier – von Philip Roth
Ein Buch über Männer, für Männer, für Frauen, ein Stück Weltliteratur. Es geht um das Älterwerden, um das was bleibt, um ein ungleiches Paar und die Frage, was ist die Triebfeder ihres Handelns.
Philip Roth polarisiert in gewohnter Weise. Ein Buch der sexuellen Revolution der 60er und der Zeit danach. Jeder Leser wird hier zu verschiedenen Schlüssen kommen, warum die beiden Protagonisten tun, was sie tun.
Es bleibt die Frage: Hat sie ihn geliebt? Über Eure Meinung dazu würde ich mich freuen.
Eine Frage der Höflichkeit – von Amor Towles
Die Geschichte beginnt in der Silvesternacht des Jahres 1937. Schauplatz für die Ereignisse ist New York. Zwei Freundinnen aus der Arbeiterklasse lernen einen gut betuchten jungen Mann kennen und ziehen fortan mit ihm um die Häuser. Bis zu einem Unfall, der eine Wende im Leben aller drei Beteiligten bedeutet.
Insbesondere vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der 30er Jahre und der Kriegswirren ist dies ein Buch, das uns mitnimmt auf eine spannende Reise in eine ganz andere Welt. Mit der Lektüre begegnet der Leser einer Zeit, in der sozialer Status und die gesellschaftliche Schicht den Alltag und das Leben bestimmt. Eine Zeit, in der Beziehungen und Macht eine Rolle spielen und entscheiden, was man sein kann und wieviel davon. Es wird berichtet von Lebenskünstlern und Verlierern, über allem stehen dabei das Abenteuer der Beteiligten und ihre Liebe zu Kunst, Musik und Literatur.
Immer wieder geht es unterschwellig um die Frage: Was ist wirklich wichtig im Leben? Wie viel oder wie wenig benötigt man, um glücklich zu sein? Und braucht man einen bestimmen Menschen hierfür, ja wäre alles andere ansonsten nur ein fauler Kompromiss?
Hierbei handelt es sich um ein Buch, das ich gerne weiterempfehle. Der Erzählstil ist erfrischend, klar und fesselt. Der Leser kann sich kaum der Frage entziehen, wie es weiter geht mit den drei Freunden, wie sie ihre Weichen stellen und vielleicht doch noch die Route wechseln. Und was mich an diesem Buch am meisten erstaunt, ist die Tatsache, dass es von einem Mann geschrieben wurde. Durch die mehr als authentische Schilderung des Lebens der beiden Freundinnen habe ich diesen Fakt beim Lesen immer wieder vergessen.
Wüstenherz – von Sarah Challis
Gekauft habe ich dieses Buch als Mängelexemplar. Und in diesem Fall hatte der unschöne Stempel auf den Buchseiten mehr recht, als ich annahm. Ohne diesem Buch zu nahe treten zu wollen, eine ehrliche Rezension verlangt zu sagen, was zu sagen ist: dieses Buch hat Mängel. Sprachlich. Inhaltlich.
Zwei Frauen reisen in die Wüste nach Mali, um die Asche ihrer verstorbenen Großtante zu verstreuen. Ein letzter Wunsch, der Einblick gibt in die Familiengeschichte und so manches Geheimnis lüftet. Dabei werden die Erlebnisse der jungen Frauen in der Wüste erzählt und parallel dazu die Geschichte der Großtante 50 Jahre zuvor. Beschreibungen der Landschaft und der Ureinwohner sind eher die Ausnahme, einige vorhersehbare Dialoge, ein bisschen Liebe… die Geschichte ist eher flach, das Ende vorhersehbar. Als Unterhaltung am Strand kann man das Buch durchgehen lassen, kurzweilig in jedem Fall, aber auch kein Buch, dass lange im Gedächtnis bleiben wird.
Dieses Leben, das wir haben & Liebespaarungen –
von Lionel Shriver
In diesem Buch geht es um eine besondere Frage, die Frage wieviel ist ein Menschenleben wert? Die Protagonistin erkrankt an Krebs, beschrieben wird ihr Weg ab dieser Diagnose. Welche Opfer darf sie verlangen, von anderen, von sich selbst? Darf Geld eine Rolle spielen?
In jedem Falle ein Buch, das sich lohnt und zum Nachdenken anregt. Zu empfehlen wäre es aber wohl nur, wenn man nicht gerade akut mit Krankheit im engeren Umfeld zu tun hat. Dann kann die Lektüre helfen nachzudenken, über die Grenzen der Medizin, über den Wert des Lebens, über Dankbarkeit und Selbstbestimmtheit.
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Erzählt wird die Geschichte einer Frau, Variante A über das Zusammenleben mit ihrem Mann. In Variante B fängt sie nocheinmal von vorne an und entscheidet sich für einen anderen Mann und damit auch für ein anderes Leben. Beide Handlungsstränge laufen immer parallel, am Ende steht der Leser vor der Frage des Unterschieds verschiedener Lebensmuster.
Lionel Shriver ist hier sprachlich wieder auf höchstem Niveau. Sie nimmt uns an die Hand und lässt uns nicht allein mit der Frage, welchen Einfluss unsere Entscheidungen haben. Man kann das Buch einmal angefangen kaum mehr aus der Hand legen. Es bleibt die Frage: Was ändert sich, wenn es sich ändert?
Torstraße 1 – von Sybil Volks
Die Geschichte des Hauses Torstraße 1 beginnt in den 20er Jahren, als Berlin noch ein Anderes war. Das Haus der Torstraße 1, damals noch als Kaufhaus Jonas in jüdischer Hand, wird später von der NSDAP und dann von der SED genutzt, bis es in der Neuzeit als Privat-Club für VIPs seine Pforten wieder öffnet. Ein Haus, das es so immer in Berlin gegeben hat und eine wahrhaft bewegte Geschichte hinter sich hat. Doch nicht nur das Haus, sondern auch die Menschen.
Im Buch wird anhand der Familiengeschichte der mit dem Haus verbundenen Personen der Wandel Berlins beschrieben. Alles abseits trockener Geschichtsstunden, da der Leser das Gefühl hat, mit den Protagonisten mitzugehen. Drei Generationen sind eng mit dem Haus verknüpft und bis zum Schluss bleibt die Frage: Wie kann es ausgehen mit diesen Menschen?
Beim Lesen fiel mir immer wieder auf, wie wenig ich über die Geschichte dieser Zeit weiß. Aus der Lektüre habe ich mehr gelernt, als aus einem Jahr Geschichtsunterricht, in dem diese Zeit behandelt wurde. Doch immer wieder blieb mir vieles fremd, zwar kennt man manches aus Erzählungen, dennoch setzt dieses Buch mehr als Grundwissen der DDR-Geschichte voraus. Für Leser, die mehr zu dieser Zeit gelebt haben, Geschichtsinteressierte und Berlinliebhaber kann es genau das richtige Buch sein. Und für alle anderen ist es ein Roman über Freundschaften und Liebe, die sich durch keine Mauer trennen lassen.
Vogelweide – von Uwe Timm
Gekauft habe ich dieses Buch in der örtlichen Buchhandlung als Mängelexemplar. Zufällig, wie das klingt, aber zufällig war der Kauf keineswegs, denn bereits eine ganze Weile liebäugelten wir miteinander, das Buch Vogelweide und ich.
Die Hauptfigur lebt allein auf einer Nordseeinsel als Vogelwart. Allein, nicht einsam so wird es in der Erzählperspektive der Gegenwart schnell deutlich. In Rückblenden werden Stücke seines früheren Lebens offenbart. Alles ohne direkte Rede, das muss man mögen, wenn man es mag, wird man das Buch lieben. Erst Softwarefirma und Aktienanteile, Rotwein, der atmen darf und Kunstgemälde, die kein fruchtloses Pfändungsprotokoll hinterlassen würden. Immer mehr wird der Nebel gelöst, wie es zum Radikalbruch des nunmehr eremitischen Vogelwartes kam.
Mit dem Schluss, der sich erst ganz knapp vor der letzten Seite entwickelt, rechnet man fast. Zumindest erwartet man einfach, dass dieses Buch noch einen dritten Boden haben muss. Dennoch bleibt es spannend und man kann es in einem Atemzug lesen. Und mehr wird an dieser Stelle nicht verraten.