Wann immer ich in den letzten Wochen den Test unternahm und in Buchhandlungen nach den Titeln:
„Der Schatten des Windes“
„Das Spiel des Engels“ oder
„Der Gefangene des Himmels“
fragte, kam die gleiche Antwort: „Ist das nicht der Zafón?“
Ja, das ist er – der Zafón!
Die Romane schafften es auf die Bestsellerlisten, weltweit versteht sich. Jede Buchhandlung hat ihn heutzutage: einen Zafón. Es geht um den „Friedhof der vergessenen Bücher“, metaphorisch für das vergessene Barcelona, vergessene Menschen, Erinnerungen? Immer geht es um Reisen und Entdeckungen des Buchhändlers Daniel Sempere und des Fermín, der sich im Laufe der Werke figürlich wandelt und doch unwandelbar ist. Es geht um ein Barcelona, wie man es nach dieser Erzählung mit anderen Augen sieht.
Hier soll es jedoch weniger um den Autor an sich oder eine allgemeine Rezension seiner Werke gehen, denn diese gibt es ausreichend. Hier geht es um etwas, was mich mehr beeindruckt. Liest man auf der Homepage des Autors (carlosruizzafon.de), so findet sich ein Interview mit dem Autor selbst.
Zafón wird gefragt, welche Verbindung zwischen den vier Büchern (das Vierte befindet sich noch im Schreibfluss) besteht. Die drei Bände bereits immerhin geballte 2050 Seiten Barcelona pur. Danach gefragt, sagt Zafón er wollte ein Labyrinth von Geschichten schaffen. Nach seinen Angaben steht jedes der Bücher für sich, ABER ist mit den Anderen verbunden.
„Abhängig davon, durch welche Tür man das Labyrinth betritt oder in welcher Reihenfolge man die Romane liest, wird die Leseerfahrung eine andere sein.“
Und das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen… Hier wurden nicht Bücher geschaffen, hier handelt es sich um ein komplexes Werk. Zafón selbst nennt es sein Quartett. Am vierten Band wird noch geschrieben, ein Quartett, dessen Ausgang offen ist.
Mit welchem also beginnen? Das ist fast egal. Und doch so bedeutend, denn immer wird die Geschichte eine andere. Zuerst erschien in Deutschland „der Schatten des Windes“, so dass ich und viele andere Leser auch, als Erstes wie selbstverständlich mit diesem Roman begannen. Inzwischen wurde klar: „Das Spiel des Engels“ erzählt die Vorgeschichte. Doch einmal angelesen ist die Entscheidung getroffen, das Mahl ist arrangiert. Es gibt kein Zurück, jeder Leser hat sein persönliches Lese-Labyrinth betreten. Wir können nicht vergleichen, wir alle erleben dieses Quartett anders. Lesen es anders. Komplexe Eigenerfahrung durch fremde Feder. Daher kann in meinen Augen keine Rezension diesem Roman-Labyrinth gerecht werden. Aber eines bleibt unbestritten: jeder Band ein Meisterwerk. Das ist der Zafón.