Immer wieder werde ich gefragt, ob bei meinem Bücherkonsum nicht ein E-Book Reader sinnvoll wäre.
„Denk doch daran wieviel Platz du sparen würdest!“,
„Und Geld erst!“
„Der ist so leicht!“
„Du kannst sogar ohne Licht lesen!“.
Die Vorteile liegen selbstverständlich klar auf der Hand.
Aber hier geht es doch um etwas anderes, etwas Grundsätzlicheres. Es geht um Lesegefühl, Atmosphäre, Empfinden… Seiten umblättern ist eben doch etwas anderes, als über ein Display zu wischen. Wenn man nichts hört, als Seiten die sich umschlagen, so bleibt das doch das schönste Geräusch, das aus einem warmen Wohnzimmer an Winterabenden kommen kann.
Bei mir gibt es Bücher, die schon meine Eltern und Großeltern gelesen haben. Über das Papier zu streichen, Knicke, Falten und Flecke zu sehen, die Vorgenerationen verursachten, das ist es doch, was das Lesen zu einem Erlebnis werden lässt. Und eben dann ist Lesen nicht mehr nur geistig, dann wird es gegenständlich. Dann sind mehr Sinne angesprochen.
Überhaupt habe ich das Gefühl, unser Umfeld wird immer weniger körperlich begreifbar. Wenn man früher einen Dachboden ausräumte, gab es noch Funde, ja wirkliche Entdeckungen. Was wird heute unserer Nachgeneration bleiben? Früher fand man Briefe, heute gibt es E-Mails in der Cloud. Wo noch vor Jahren Schallplatten, Kassetten oder zumindest CDs waren, findet man heute nur noch MP3 auf digitalen Datenträgern. Statt Fotoalben zum Stöbern, Digitalfotos auf irgendwelchen Festplatten und Smartphones. Geräte, ohne deren Akku und Chips und Bits und Bytes wir nichts sind, alles nur noch Nullen und Einsen. Immaterialität pur. Wir hinterlassen nichts und wir offenbaren nichts, über uns, von uns.
So werden unsere Wohnungen immer leerer, und alles immer weniger gegenständlich. Darum lebe ich gerne mit meinen Büchern. Meine Bücher dürfen all das, was ein E-Book trotz allem Fortschritt niemals sein kann, bei mir Buch zu sein ist Privileg. Meine Bücher dürfen wohnen, statt in einer Schrankschublade zwischen Akkus, Navigationsgeräten und Ladekabeln ihr Dasein zu fristen. Nein, hier ist das Buch noch Buch!
Ich lasse sie mit mir umziehen, packe sie in Kisten ein und aus, in Koffer rein und raus, sie dürfen mit mir in den Urlaub, in die Hängematte, dürfen beim Kochen Flecken abbekommen, ja das ganze Menü darf man an ihnen ablesen dürfen. Meine Bücher dürfen Strandluft schnuppern und beim Aufschlagen darf Sand herausrieseln, sie dürfen duften, riechen und stocken. (Wer hat schon mal einen stockenden E-Book Reader gesehen?) Und was ist schöner, als in einem Kinderbuch ein selbst gemaltes Lesezeichen oder eine getrocknete Wiesenblume zu finden? So ist jedes Buch einzigartig, jedes erzählt seine eigene Geschichte über die eigentlichen Buchseiten hinaus. Ich baue gerne für sie schöne Regale, entstaube, schüttele, blättere, überfliege, lese, empfinde. Lesen für alle Sinne.